Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher Giordano,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Friedrich,
sehr geehrte Damen und Herren!
Die Fraktion „Bürger für Obertshausen“ hat sich in mehreren Sitzungen mit dem vom Magistrat vorgelegten Haushalt 2022 und den Änderungsanträgen aller Fraktionen hierzu intensiv beschäftigt - soweit es der zeitliche Rahmen zugelassen hat. Denn zwischen Einbringung des Haushaltsentwurfs und dem Blätterausschuss lagen lediglich 7 Tage. Positiv anzumerken ist jedoch, dass zwei zusätzliche Online-Sitzungen für Rückfragen angesetzt waren.
Diesen fortgeführten neuen und angenehmen Stil des Bürgermeisters begrüßen wir sehr. Vielleicht ist nächstes Jahr auch wieder ein früherer Besuch in den Fraktionen möglich. Wir wünschen uns deshalb für die Zukunft, dass die Fraktionen in der Aufstellung des Haushaltes im Vorfeld noch mehr eingebunden werden.
Insgesamt gilt allen Beschäftigten der Stadtverwaltung und insbesondere aus dem Bereich Finanzen, an der Spitze Frau Christ, Dank für die sehr gute Präsentationen in den Ausschüssen.
Was finden wir gut am Haushalt?
Nach der Beantwortung unserer Fragen hat sich die Fraktion zunächst mit den positiven Punkten des vom Magistrat vorgelegten Haushalts beschäftigt. Mit großer Freude konnten wir feststellen, dass unsere Kritik aus den letzten Jahren in Hinblick auf die Sach- und Dienstleistungen ernstgenommen wurde.
Neben Einsparungen in diesem Bereich wurden zudem Haushaltsreste aufgearbeitet. Diese Maßnahme war unserer Meinung nach längst überfällig und auch an diesem Punkt sehen wir, dass der zuständige Kämmerer hier seine Aufgabe sehr ernst nimmt und versucht die Missstände der letzten Jahre zu korrigieren. Wir erkennen den Willen zur Sparsamkeit und erkennen ein ordentliches Verwalten.
Welche Herausforderungen stehen an?
Neben diesen positiven Punkten hat sich unsere Fraktion mit den anstehenden Herausforderungen der nächsten Jahre eingehend beschäftigt. An dieser Stelle würde nun unsere alt bekannte und oftmals belächelte Forderung nach einem Abbau der Doppelstrukturen folgen.
Zu solch einem notwendigen Strukturwandel gehört auch die Erstellung einer von uns so oft geforderten Prioritätenliste, doch hier schienen wir auf taube Ohren zu stoßen, einige Stadtverordnete in diesem Haus fragten sogar während des letzten Kommunalwahlkampfes vermehrt öffentlich nach, was wir denn genau mit Doppelstrukturen meinen würden.
Ich denke mit dem vorlegten Grundsatzbeschluss zum Haushalt, müsste diese Fragestellung nun endgültig beantwortet sein. Als Resultat des jahrelangen aufgeschobenen Investitions- und Sanierungsstaus werden wir heute den Grundsatzbeschluss zustimmen.
Wir sind erleichtert, dass diese „Liste des Grauens“, wie sie liebevoll von unserer Fraktion getauft wurde, endlich Beachtung findet und, dass wir als Stadtverordnete in öffentlichen Ausschüssen nun die Möglichkeit haben, darauf verstärkt Einfluss zu nehmen und uns intensiver mit den Themen Haushaltskonsolidierung und Haushaltssicherungskonzept zu beschäftigen.
Mit dem Wissen, dass eine Vielzahl von Projekten wie beispielsweise Kita-Ausbauprojekte oder der Neubau des Rathauses in dem vorliegenden Entwurf nicht enthalten sind, müssen wir diese Aufgabe sehr ernst nehmen und – nochmals - so schnell wie möglich an einer Prioritätenliste arbeiten. Neben den zwei eben genannten Projekten würden wir unter anderem folgende Punkte ergänzen:
- wir benötigen ein Personalentwicklungskonzept und wir benötigen auch einen geplanten und sachlich fundierten Stellenabbau
- unser Gebäudemanagement muss auf den Prüfstand, vor allem bei den städtischen Wohnungen finden wir einen erheblichen Investitionsstau vor. In diesem Zusammenhang benötigen dringend bezahlbaren Wohnraum in Obertshausen, hier halten wir an unserem damaligen Vorschlag einer Wohnungsbaugesellschaft fest, auch dies gilt es im Ausschuss zu diskutieren
- der Energieverbrauch in den städtischen Einrichtungen muss gesenkt werden;
- wir benötigen ein modernes Verkehrskonzept, hierzu zählt auch die Testphase des Einbahnstraßenrings sowie ein Parkraumkonzept, wir werden diese beiden Forderungen im Laufe des Abends noch genauer ausführen
- und auch wie in den letzten Jahren finden wir keine Finanzmittel zum Thema Jugendpolitik im Haushalt
- Zum Schluss bringe ich nun nochmal das Schlagwort Doppelstruktur ein, denn diese Thematik spielt für uns eine gesonderte Rolle beim Abbau des Investitions- und Sanierungsstaus und sollte im dafür vorgesehenen Ausschuss beleuchtet werden:
Stellen Sie sich hier das Bild einer Waage vor. Neben dem Projekt Rathausneubau, finden wir auf der einen Seite zusätzlich die Feuerwehrhäuser und die beiden Bibliotheken. Auf der anderen Seite schießt die Grundsteuer B in die Höhe.
Wir hoffen, dass all diese Themen auch tatsächlich aufgegriffen werden und nicht wie in der Vergangenheit teilweise stiefmütterlich behandelt werden und dann wieder in Vergessenheit geraten. Denn eins wird deutlich, das Resultat bleibt unverändert: die finanzielle Belastung der Bürgerinnen und Bürger.
Welche Konsequenzen müssen wir aufgrund dessen ziehen?
Unsere Aufgabenstellung als Bürger Fraktion war für uns stets klar: Wie verhindern wir die Spirale der Grundsteuer B, wie können wir das Weiterdrehen der Erhöhung durchbrechen?
In den letzten Jahren haben wir dafür stets nach Einsparpotentialen gesucht, doch diesmal mussten wir feststellen, dass, wie bereits erwähnt, der Kämmerer unsere stets eingeforderte Kürzung der Sach- und Dienstleistung vollzogen hat. Andere Einsparpotentiale sollen nun gemeinsam im nächsten Jahr gefunden werden.
Die Fragestellung muss hier sein: Was wollen und können wir uns noch leisten?
Wir werden versuchen daran aktiv mitzuarbeiten und fanden die durch den Magistrat vorgeschlagenen Grundsteuererhöhung von 495 auf 550 Punkte einleuchtend. Denn diese Erhöhung wird dringend für den KITA-Ausbau benötigt.
Und wir gehen mit schweren Herzens sogar einen Schritt weiter und werden dem gemeinsamen Antrag von FDP und Grünen, der die Erhöhung auf 600 Punkte zum Inhalt hat, zustimmen. Wir setzen damit die Priorität im Bereich KITA und sind dazu bereit hier zu investieren. Wir hoffen darauf, dass im nächsten Jahr nicht direkt wieder eine Grundsteuererhöhung als letzte Möglichkeit herhalten muss und der Grundsatzbeschluss zum Haushalt auch tatsächlich Früchte tragen wird.
Wir sind uns sicher, dass der Automatismus der Erhöhungen durchbrochen werden kann und, dass wir mit den von uns aufgezeigten Punkten: Vorlage eines Personalentwicklungskonzept, Senkung des Energieverbrauch, Prüfung des Gebäudemanagements und der Abbau der Doppelstrukturen Einsparungen erzielen können.
Der Bildungsbereich bereitet uns insgesamt große Bauchschmerzen, neben dem Kitaausbau und den fehlenden Erzieher*innen, dürfen wir die Thematik Nachmittagsbetreuung und das Thema Schulentwicklungsplan, das stets mit den Kreis Offenbach in enger Zusammenarbeit abgestimmt werden sollte, nicht vernachlässigen.
Besonders wollen wir hier in diesem Bereich Kritik an der Landes- und Bundesregierung üben. Es ist einfach nicht nachzuvollziehen, dass die Kommunen in diesem Bereich im Stich gelassen werden. Wird die Lage unserer Nachbarkommunen betrachtet stehen viele im Kitabereich vor denselben Herausforderungen und hoffen auf Unterstützung.
Aus diesem Grund hoffen wir, dass die Bürgerinnen und Bürger diese Grundsteuererhöhung nachvollziehen können, denn uns als Kommunalpolitik*innen stehen nicht unendlich viele Instrumente zur Verfügung. Die Diskussion der fehlenden Kitaplätze machte es deutlich, wir können in diesem Bereich keinen weiteren Investitionsstau riskieren. Wir müssen jetzt handeln!
Welche kritischen Punkte gibt es?
Welche kritischen Punkte des Haushalts sind neben dem Investitions- und Sanierungsstaus zusätzlich anzumerken? Hier haben wir in der Fraktion und in der Koalition zwei Posten intensiver diskutiert, die letztendlich in Änderungsanträge mündeten.
Zunächst mussten wir mit Erstaunen feststellen, dass wie schon bei den letzten Haushaltsberatungen Stadtverordnetenbeschlüsse gekippt wurden. Wir erinnern uns, damals ging es um die Struktur der Ordnungspolizei, heute finden wir keine Finanzmittel für das beschlossene Parkraumkonzept im Haushalt mehr vor.
Aus diesem Grund fordern wir die erneute Einstellung von Finanzmitteln: für das Jahr 2022 10.000 Euro und für das Folgejahr 40.000 Euro. Wir können diese Missachtung des damals gefassten Beschlusses nicht so hinnehmen, waren wir uns doch im Hause alle einige darüber, dass hier dringend eine Verbesserung herbeigeführt werden muss.
Unser zweiter kritischer Punkt bezieht sich auf den Kulturbereich. Hier waren wir etwas verwundert darüber, dass bereits eine neue Hausmeisterstelle eingeplant wurde, obwohl derzeit noch nicht feststeht, wann und wie viel Veranstaltungen in den nächsten Jahren stattfinden werden und mit Hinblick auf die Pandemie auch stattfinden können. Aus diesem Grund schlagen wir an dieser Stelle vor, die Diskussion in einem Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsausschuss nochmal aufzugreifen und die Stelle zunächst mit einer Besetzungssperre zu versehen.
Wie lautet unser Fazit?
Ziehen wir nun als Bürger-Fraktion ein Fazit.
Unser Credo war und ist: An der Gebühren- und Steuerschraube zu drehen wird uns auf Dauer nicht retten! Und ich persönlich habe die Hoffnung, dass das gesamte Haus, mein Blick geht vor allem in Richtung Opposition, das dringende Handeln erkennt. Wenn wir später dem Grundsatzbeschluss zum Haushalt zustimmen ist damit die Arbeit nicht getan, sie fängt erst richtig an.
Wenn wir hier an einem Strang ziehen und diesmal tatsächlich fähig sind, Prioritäten festzulegen und weitere Einsparpotentiale finden, dann wird meiner Meinung die noch betitelten „Liste des Grauens“ eine echte Chance für unsere Stadt Obertshausen darstellen.
Für uns sind neben einem soliden Haushalt die sozialen Themen sehr wichtig! Der Bildungs- und vor allem Kitabereich wird uns die nächsten Jahre noch beschäftigten. Ob der ausgesprochene Appell an die Landes,- und Bundesregierung, schließlich haben wir in Obertshausen auch Vertreter*innen, etwas nutzt, wird sich zeigen. Unser letztes Mittel war es heute leider nur, die Grundsteuererhöhung mitzutragen.
In unserer Haushaltsrede haben wir alle Seiten und Argumente beleuchtet und kommen zum Ergebnis, dass die Argumente, vor allem durch die Entscheidung zur Einbringung eines Grundsatzbeschlusses, für eine Zustimmung überwiegen. Mit den beiden genannten Änderungsanträgen werden wir den Haushalt mittragen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Laura Schulz 16.12.2021